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"Symptom Imperative" - Der kreative Ausdruck deines dysregulierten Nervensystems

  • Autorenbild: Grete Strunz
    Grete Strunz
  • 22. Sept.
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 19. Nov.

 "Irgendwie habe ich immer was..."


symptom imperativ

Es gibt Menschen, bei denen gesundheitlich immer etwas los ist. Mal sind es Rückenschmerzen, mal Schlafprobleme. Dann wieder schmerzt der Ellbogen, der Magen rumort oder die Verdauung streikt – und das nicht nur tage-, sondern oft wochen- oder monatelang. Die Liste der Beschwerden liest sich wie ein dickes Buch. Seit sie denken können, begleitet sie irgendein Symptom. Kein Wunder, dass sich im Laufe der Jahre Überzeugungen festsetzen wie: "Mein Körper ist einfach kaputt" oder "Ich bin eben genetisch dazu veranlagt, krank zu sein."


Dann gibt es Menschen, die jahrelang unter chronischen Schmerzen leiden – sei es im Rücken, Knie, Ellbogen, Nacken oder Kopf. Der Schmerz wird zum ständigen Begleiter, er bestimmt den Alltag: was möglich ist, wie man sitzt, liegt, lebt. Er beeinflusst nicht nur den Körper, sondern auch die Gedanken und Gefühle – eine enorme Belastung für Betroffene und ihr Umfeld.


Und dann sind da jene, die zum Beispiel lange unter Knieschmerzen litten – und obwohl die ursprüngliche Verletzung (sofern es überhaupt eine gab) längst verheilt ist, taucht der Schmerz irgendwann wieder auf. Genau an derselben Stelle, genauso intensiv. Also wird der alte Knieschoner wieder hervorgeholt, der Sport ausgesetzt und der nächste Termin beim Physiotherapeuten vereinbart.


Kommt dir das bekannt vor? Hast du dich wiedererkannt?

Ich mich schon. Ich gehöre zu jeder dieser Gruppen – irgendwas war immer. Aber heute weiß ich: Die Symptome kamen nicht zufällig und gingen nicht grundlos. Sie folgten einem Muster.


Der Symptom-Imperativ – Wenn der Körper das Symptom wechselt



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Dieses Phänomen nennt sich Symptom Imperative oder Symptomwechsel und ist ein zentrales Konzept im Mind-Body-Ansatz. Der Begriff wurde vom US-amerikanischen Arzt Dr. John Sarno geprägt. Inzwischen bestätigen moderne Verfahren wie die Pain Reprocessing Therapy nach Alan Gordon, dass das Gehirn bei chronischen Schmerzen oft "Fehlalarme" auslöst – ein Ausdruck emotionaler Belastung und neuronaler Prägung, und die Tendenz des Nervensystems, Symptome zu "verlagern", wenn die eigentliche Ursache – emotionale oder psychische Anspannung – nicht aufgelöst wird.


Was, wenn dein Körper gar nicht "kaputt" ist?


Eines der häufigsten Missverständnisse im Mind-Body-Heilungsprozess ist die Annahme, dass neue oder wechselnde Symptome ein Zeichen dafür sind, dass man etwas falsch gemacht hat oder dass der Körper "noch kränker" wird. Vielleicht hast du auch schon so etwas gedacht wie:

"Kaum ist das eine Symptom besser, kommt schon das nächste …"

"Ich dachte, ich bin auf einem guten Weg – und jetzt das?"

"Wieso taucht dieser Schmerz plötzlich wieder auf? Habe ich was übersehen?"


Diese Gedanken sind ganz natürlich – unangenehme Empfindungen, die das Gehirn negativ deutet, erzeugen Frustration, Angst und unterstreichen die alten Überzeugungen über Krankheit und Heilung. Denn in unserer medizinisch geprägten Welt gilt oft: Symptome = etwas stimmt nicht. Also muss etwas doch nicht in Ordnung sein, oder?


symptom imperative

Im Mind-Body-Ansatz sehen wir das anders: Wenn ein Symptom sich verändert oder verlagert, bedeutet das nicht, dass du versagst oder kränker wirst. Im Gegenteil – es kann ein Zeichen dafür sein, dass du auf dem richtigen Weg bist. Denn: Wenn du beginnst, dein Nervensystem zu regulieren, dich deinen (unterdrückten und oft gegensätzlichen) Gefühlen zu öffnen und alte Muster zu hinterfragen, beginnt auch das System, sich neu zu organisieren. Das kann vorübergehend chaotisch wirken.


Der Mind-Body-Ansatz zeigt uns: Chronische Symptome müssen nicht bedeuten, dass der Körper beschädigt oder krank im klassischen Sinn ist. Oft sind sie Ausdruck tieferliegender seelischer Belastungen – ein Schutzmechanismus des Nervensystems. Unverarbeitete Emotionen, Stress oder unterdrückte Ängste können sich körperlich äußern, weil der Körper das zum Ausdruck bringt, was wir selbst (noch) nicht fühlen können oder wollen.


Deshalb ist die konkrete Diagnose oft weniger entscheidend, als man denkt. Ob deine Symptome Rückenschmerzen, Migräne oder Reizdarm heißen – häufig liegt ihnen dieselbe innere Dynamik zugrunde. Und genau deshalb kann auch die Lösung dieselbe sein: den Körper nicht als "Feind" zu betrachten, sondern als Verbündeten, der dir etwas Wichtiges mitteilen möchte.


Warum wechseln Symptome?


Unser Gehirn ist darauf programmiert, uns zu schützen. Wenn wir unter chronischem Stress, innerem Druck oder nicht verarbeiteten Gefühlen leiden, kann das Nervensystem diese Belastung über körperliche Symptome ausdrücken. Der Schmerz erfüllt eine Schutzfunktion: Er lenkt uns von tieferen, oft unbewussten Themen ab.


Beginnen wir, ein Symptom zu hinterfragen oder durch Mind-Body-Arbeit zu lindern, kann das Gehirn ein neues Symptom "nachschieben" – einfach, weil die zugrunde liegende Anspannung noch nicht gelöst ist. Es ist, als würde das Nervensystem sagen: "Achtung! Hier ist noch Gefahr!"


Aber genau das ist eine gute Nachricht: Wenn ein Symptom verschwindet und dann plötzlich später wieder auftaucht oder stattdessen ein anderes auftaucht, zeigt das, dass du auf dem richtigen Weg bist. Dein System kann die emotionale Last nicht mehr so leicht im Körper speichern – also sucht es einen neuen Ausdruck.


Das Tohuwabohu der Symptome


Wenn viele Symptome gleichzeitig auftreten, fühlt sich alles schnell überwältigend an. Es scheint keinen klaren Anfang zu geben – nur ein einziges Durcheinander. Schnell entsteht der Eindruck, man müsse alles gleichzeitig lösen. Und das kann sich wie eine unlösbare Aufgabe anfühlen.


Aber genau das ist nicht nötig. Viel wichtiger ist es, dem Körper insgesamt zuzuhören: ihm zu erlauben, mitzuteilen und gehört zu werden.


Stell dir deine Symptome vor wie laute Instrumente in einem Orchester, das völlig aus dem Takt geraten ist. Du musst nicht jedes Instrument einzeln beruhigen. Meistens reicht es, dich auf den Dirigenten zu konzentrieren – und der bist du. Du kannst lernen, deine Aufmerksamkeit sanft dorthin zu lenken, wo gerade etwas Mitgefühl oder liebevolle Neugier braucht.


Ein kleiner Trick: Worte verändern, Wirkung verändern


Sprich nicht mehr automatisch von “meinen Symptomen” oder nenne sie mit ihren medizinischen Etiketten wie “mein Rückenschmerz”, “chronische Fatigue” 

oder “Migräne”.


Das klingt oft schwer und endgültig – und genau das signalisiert deinem Nervensystem: "Achtung, Gefahr!" Nenne dein medizinisches Symptom lieber ganz neutral "eine Empfindung".


Versuche, spielerisch damit umzugehen. Gib deinen Empfindungen neue, neutrale oder sogar liebevoll-skurrile Namen. Zum Beispiel:


  • Wenn du viele Beschwerden gleichzeitig hast: "mein Obstsalat" oder "mein Blumenstrauß"


  • Statt "Schmerz" sag einfach: "der Apfelkuchen", "mein Murmeltier", "die Grapefruit"


  • Oder ganz nach deinem Gefühl: "mein innerer Wetterbericht", "der Pausenzeiger", oder "mein Zirkus" 


Warum das wirkt


Diese kleine Umformulierung ist mehr als ein Wortspiel – sie verändert die emotionale Bedeutung der Empfindungen. Wenn du den Begriff "Schmerz" oder "Symptom" verwendest, aktiviert das in deinem Nervensystem oft automatisch Alarmbereitschaft, Stress oder Hilflosigkeit.


Spielerische, neutrale oder absurde Namen hingegen signalisieren deinem System: Das hier ist nicht bedrohlich. Das entkoppelt die körperliche Empfindung von der Angst – und das ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur Regulation. Du gibst deinem Körper damit die Chance, sich neu zu orientieren – in Richtung Sicherheit, Vertrauen und Veränderung.


Ein neuer Blick auf Heilung


Was kannst du daraus mitnehmen?

Der erste Schritt zur Veränderung ist, deine Geschichte neu zu betrachten. Was, wenn dein Körper mit den vielen wechselnden Symptomen nicht gegen dich arbeitet – sondern mit dir? Was, wenn Schmerz, Verspannung oder Erschöpfung kein Zufall sind, sondern Hinweise darauf, dass etwas in dir gesehen und verstanden werden möchte?


Heilung beginnt, wenn wir diesen Signalen mit Neugier begegnen, statt mit Angst, Ablehnung oder Widerstand. Wenn wir erkennen, dass unser Nervensystem aus gutem Grund so reagiert – und dass wir lernen können, es neu zu regulieren.


Egal, welche Diagnose du bekommen hast und wie lange du schon kämpfst: Es gibt einen Weg. Und er beginnt damit, die Sprache deines Körpers zu verstehen.


Chronische Symptome sind nicht eingebildet!


Ganz wichtig: Chronische Symptome sind nicht eingebildet! Sie sind real – aber sie entstehen oft aus einem Nervensystem, das dauerhaft im Alarmmodus steckt.

Ob Rückenschmerzen, Migräne, Reizdarm, Tinnitus oder andere langanhaltende Beschwerden: Die zugrunde liegenden Mechanismen ähneln sich oft. Und das bedeutet auch: Es gibt eine gemeinsame Tür zur Heilung.


Ich selbst hatte viele dieser Symptome – Knieschmerzen, Bauchschmerzen, Rückenschmerzen, Schlafstörung, eine Glutenunverträglichkeit oder Apfelallergie. Heute weiß ich: So unterschiedlich sie waren – die Ursache war immer dieselbe. Und der Weg zur Heilung auch. Du kannst ihn auch gehen.


Unter dem Menüpunkt TOOLS findest du die Mind-Body-Tools und Techniken, die ich empfehle und selbst erfolgreich angewendet habe.


Nimm gerne Kontakt auf, wenn du Unterstützung brauchst. Mehr zu meinem Therapieansatz findest du hier: www.gretestrunz.de


*In diesem Text beziehen sich alle maskulinen Formen auf Personen jeglichen Geschlechts.




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