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Emotional Awareness and Expression Therapy bei der Behandlung chronischer Symptome

Autorenbild: Grete StrunzGrete Strunz

Aktualisiert: 16. Jan.


emotionen

Wenn du dich mit dem Mind-Body-Ansatz etwas auseinandergesetzt hast oder hier auf meiner Webseite gestöbert hast, konntest du bereits lesen, dass für die Entstehung chronischer Schmerzen/Symptome nicht unbedingt eine körperliche Verletzung oder strukturelle Veränderung vorliegen muss. Auch Stress und emotionale Erlebnisse - sowohl negative Anspannung als auch positive Aufregung - können körperliche Symptome hervorrufen. Das Gehirn verarbeitet chronische Schmerzen und emotionale Schmerzen nämlich ähnlich, sogar in den gleichen Hirnarealen. Lies gerne mehr darüber in den Menüpunkten über Gefühle, Neuroplastizität und Nervensystem Reaktionen.


Manchmal, wenn wir starke Gefühle nicht richtig ausdrücken oder verarbeiten, „parkt“ unser Körper sie einfach irgendwo – sei es als Verspannung im Nacken oder als Bauchschmerzen. Der Mind-Body-Ansatz zeigt uns, dass körperliche Beschwerden oft ein Hinweis darauf sind, dass da noch ungefühlte oder unterdrückte Emotionen schlummern.


Emotional Processing oder emotionale Verarbeitung kann dir helfen zu verstehen, wie eng deine Gefühlswelt und dein Körper miteinander verbunden sind. Hier geht es darum, wie Emotionen und Gefühle in deinem Körper gespeichert werden und wie du durch das Verarbeiten dieser Emotionen und Gefühle Heilung finden kannst – sowohl emotional als auch körperlich.


Eines meiner Lieblingstools für emotionale Verarbeitung ist JournalSpeak. Heute möchte ich dir noch einen weiteren Ansatz vorstellen - Emotional Awareness and Expression Therapy (EAET) oder auf Deutsch die Emotionale Bewusstseins- und Ausdruckstherapie.


Was ist EAET?


Emotional Awareness and Expression Therapy oder EAET wurde von dem Arzt Dr. Howard Schubiner und dem Psychotherapeuten Prof. Mark Lumley entwickelt basierend auf anderen Therapieansätzen, darunter die Verhaltenstherapie, die IFS, die intensive psychodynamische Kurzzeittherapie, die emotionsfokussierte Therapie und anderer expositionsbasierte Therapien.


EAET basiert auf der Annahme, dass unverarbeitete emotionale Belastungen und Stressfaktoren das Nervensystem beeinflussen und deine körperlichen Symptome verursachen oder verschlimmern können. Anstatt die Symptome nur zu lindern, konzentriert sich EAET darauf, die zugrundeliegenden emotionalen Themen anzusprechen und zu lösen.


Ein wichtiges Ziel von EAET ist es, eine neue Beziehung zu den eigenen Emotionen und Gefühlen aufzubauen. Dabei lernst du, schwierige Gefühle wie Angst, Wut, Trauer oder Schuld zu akzeptieren und auszudrücken, anstatt sie zu verdrängen oder zu vermeiden. Durch diesen Prozess kann das Nervensystem „entlastet“ und die Intensität der körperlichen Symptome oft deutlich reduziert werden.


Auf Deutsch ist leider noch nicht viel über EAET bekannt. Die Bücher "Unlearn Your Pain" und "Unlearn Your Anxiety and Depression" von Dr. Howard Schubiner, in denen der Autor den Ansatz ausführlicher beschreibt, sind leider nicht auf Deutsch erschienen.


Wie funktioniert EAET?


EAET findet in der Regel in einem therapeutischen Setting statt, also im Dialog oder als Rollenspiel mit einem EAET-Therapeuten, sowie durch selbstständige "Hausaufgaben", meist in Form von Schreibübungen. Hier sind ein paar wichtige Schritte, die du mit EAET durchläufst:


  1. Erkennen: Du lernst, emotionale Auslöser für deine Symptome zu identifizieren. Das können alltägliche Stressfaktoren oder alte, unverarbeitete Erfahrungen sein.

  2. Fühlen: Es geht darum, dir zu erlauben, diese Emotionen im Körper zu spüren, anstatt sie zu unterdrücken, und sie als Gefühle zu identifizieren. Das kann anfangs herausfordernd sein, ist aber ein entscheidender Schritt zur Heilung.

  3. Ausdrücken: Du lernst, deine Gefühle in Worte zu fassen – sei es im Gespräch, in einem Brief oder in einem Rollenspiel. Dieses bewusste Ausdrücken kann oft einen spürbaren Unterschied machen.

  4. Loslassen: Indem du dich deinen Emotionen stellst, kannst du sie nach und nach loslassen und dich von der Belastung befreien, die sie deinem Körper auferlegen.


Was macht EAET so besonders?


Vielleicht denkst du jetzt: „Aber ich habe doch schon Therapie gemacht. Was ist hier anders?“ Der Unterschied liegt darin, dass EAET gezielt an die emotionale Wurzel deiner Symptome geht. Während viele Ansätze wie kognitive Verhaltenstherapie oder Achtsamkeit helfen, mit Symptomen umzugehen, arbeitet EAET daran, die Ursachen anzugehen.

Studien zeigen, dass EAET bei chronischen Schmerzen und anderen stressbedingten Beschwerden nicht nur effektiv ist, sondern in einigen Fällen sogar bessere Ergebnisse liefert als klassische Ansätze. Viele Menschen berichten, dass sie durch EAET nicht nur eine Linderung ihrer Symptome erfahren, sondern auch eine tiefere Verbindung zu sich selbst und ihren Gefühlen aufbauen.


EAET vs. JournalSpeak


EAET und JournalSpeak sind in vieler Hinsicht ähnlich. Beide basieren ursprünglich auf den Thesen von Dr. John Sarno, der in seiner jahrzehntelangen Erfahrung als Arzt feststellte, dass unbewusste Emotionen und unterdrückte Gefühle, insbesondere Wut, sich als chronische Symptome ausdrücken können, die genauso echt und real sind wie Symptome aus einer medizinisch erklärbaren Verletzung oder Krankheit.


EAET und JournalSpeak haben beide das Ziel, sich diesen unterdrückten, oft gegensätzlichen Gefühle bewusst zu werden, in dem sie in einem sicheren Raum der Therapie oder des JournalSpeak-Prozesses ins Bewusstsein gerufen, erkannt und anerkannt werden. Durch diese Übungen können die Gefühle verarbeitet werden, sodass die Schutzfunktion der Symptome nachlassen kann. Beide sind aktivierende Ansätze, die den Körper bewusst in einen aktivierten Zustand von Stress versetzen. Im abschließenden Teil wird diese Aktivierung durch Meditation oder die Begleitung des Therapeuten wieder heruntergefahren, sodass das autonome Nervensystem fließend in den Modus der Entspannung und Wiederherstellung übergehen kann.


Es gibt auch einige Unterschiede zwischen EAET und JournalSpeak:


1. Methodik:

  • EAET: Ist eine strukturierte therapeutische Methode, die oft von einem Therapeuten geleitet wird und gezielte Gespräche und emotionale Übungen umfasst.

  • JournalSpeak: Ist eine Selbsthilfetechnik, die durch freies Schreiben praktiziert wird und in der Regel ohne direkten Input eines Therapeuten angewandt wird.


2. Struktur und Anleitung:

  • EAET: Hat spezifische Sitzungen und Übungen, die auf wissenschaftlicher Forschung basieren.

  • JournalSpeak: Ist flexibler und wird individuell angepasst, ohne vorgegebene Struktur.


3. Setting:

  • EAET: Wird häufig in einem therapeutischen Setting angewendet.

  • JournalSpeak: Ist breiter einsetzbar und wird oft von Menschen verwendet, die eigenständig an chronischen Symptomen oder emotionalen Blockaden arbeiten möchten.


4. Soziale Interaktion:

  • EAET: Findet in einem dialogischen Kontext statt und kann zwischenmenschliche Dynamiken einbeziehen.

  • JournalSpeak: Ist eine rein individuelle Praxis ohne direkte soziale Interaktion.


5. Fokus auf Ausdrucksform:

  • EAET: Konzentriert sich auf den verbalen und manchmal körperlichen Ausdruck von Emotionen (z. B. Schreien, Weinen).

  • JournalSpeak: Nutzt das Schreiben als primäre Methode zur Emotionsverarbeitung.


Beide Ansätze ergänzen sich gut und können je nach Vorlieben, Symptomen und der Bereitschaft zur therapeutischen Unterstützung individuell kombiniert werden.


Forschung und EAET


EAET hat in den bestehenden Studien als Therapieansatz bei chronischen Symptomen bisher sehr gute Ergebnisse gezeigt. Eine randomisierte klinische Studie (LINK hier) untersuchte, ob die EAET wirksamer ist als die klassische kognitive Verhaltenstherapie (KVT) bei der Behandlung chronischer Schmerzen in einer Gruppe älterer Veteranen. Insgesamt nahmen 126 Veteranen im Alter von 60 bis 95 Jahren teil, die seit mindestens drei Monaten an chronischen muskuloskelettalen Schmerzen litten. Fast alle litten an Rückenschmerzen, und viele hatten Schmerzen an mehreren Stellen. Mehr als zwei Drittel der Patienten besaßen eine psychiatrische Diagnose, davon etwa ein Drittel eine posttraumatische Belastungsstörung (PTSD). Die Teilnehmer wurden zufällig entweder der EAET- oder der KVT-Gruppe zugeordnet. Beide Therapieformen bestanden aus einer 90-minütigen Einzelsitzung und acht darauffolgenden 90-minütigen Gruppensitzungen. Die EAET-Gruppe zeigte im Vergleich zur KVT-Gruppe signifikant stärkere Verbesserungen in der Schmerzlinderung. 63 % der EAET-Teilnehmer erreichten eine klinisch signifikante Schmerzreduktion (mindestens 30 %), verglichen mit nur 17 % in der KVT-Gruppe. Die EAET-Teilnehmer verzeichneten auch eine deutliche Verbesserungen bei Angst, Depression, allgemeiner Lebenszufriedenheit und PTBS-Symptomen als die KVT-Gruppe. Dieser Artikel auf Deutsch berichtete über die Studie.


Eine andere Studie aus dem Jahr 2017 (LINK hier) verglich EAET mit Entspannungstraining. 106 Teilnehmer mit einem Durchschnittsalter von 36 Jahren (von ihnen 80 % Frauen) mit Reizdarmsyndrom wurden zufällig entweder der EAET-Gruppe, der Entspannungs-trainingsgruppe oder der Wartelisten-Kontrollgruppe zugeteilt. Sowohl EAET als auch Entspannungstraining wurden in drei wöchentlichen, 50-minütigen Einzelsitzungen durchgeführt. Im Vergleich zur Wartelisten-Kontrollgruppe reduzierte EAET, aber nicht das Entspannungstraining, die Schwere der Reizdarm-Symptome nach einem zehnwöchigen Follow-up signifikant.


Ist EAET etwas für dich?


Wenn du das Gefühl hast, dass deine chronischen Symptome mehr als nur „körperlich“ sind, und bereit bist, dich auf eine neue Art mit dir selbst auseinanderzusetzen, könnte EAET genau das Richtige für dich sein. Es ist kein einfacher Weg, aber er kann dir helfen, die Last deiner Symptome loszuwerden und dein Leben wieder in die Hand zu nehmen.

Vielleicht klingt das erst einmal ungewohnt oder sogar einschüchternd, aber sei dir sicher: Du musst diesen Weg nicht alleine gehen. Mit meiner Unterstützung als eine EAET-Therapeutin kannst du Schritt für Schritt lernen, deine unterdrückten Gefühle zu entdecken und ihnen Raum zu geben.


Nimm gerne Kontakt auf wenn du Unterstützung brauchst. Mehr zu meinem Therapieansatz findest du hier: www.gretestrunz.de


*In diesem Text beziehen sich alle maskulinen Formen auf Personen jeglichen Geschlechts.


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