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"Wann werde ich symptomfrei?" - die Dringlichkeit zu genesen

Autorenbild: Grete StrunzGrete Strunz
urgency

"Wie lange wird es dauern, bis ich symptomfrei werde?"  


Das ist eine der häufigsten Fragen, die ich höre, wenn Menschen den Mind-Body-Ansatz für sich entdecken. Und das ist absolut verständlich. Wenn wir leiden, wünschen wir uns nichts mehr, als dass der Schmerz endlich aufhört. Deshalb ist die Frage in jeder Hinsicht legitim: Wie lange muss ich noch leiden?


Diese Frage haben auch zwei meiner Lieblings-Mind-Body-Expertinnen, Christie Uipi und Nicole Sachs, letztens im Curable-Podcast "Like Mind, Like Body" besprochen. Die Antwort von Nicole Sachs traf genau ins Schwarze, und weil sie so brillant war, möchte ich ihre Antwort hier auf Deutsch teilen:


"Wir wachsen in einem Paradigma des medizinischen Modells auf. Dieses Modell sagt: Nimm eine Pille, denn die Pille wird dich besser fühlen lassen. Lass dich operieren, denn danach wirst du gesund sein. Das Paradigma lautet: „Ich habe Schmerzen, also suche ich die richtige Person, die die Expertin oder der Experte ist, weil ich es nicht bin. Ich gebe meine Selbstwirksamkeit an diese Person, an eine Pille oder ein Verfahren ab.


Wir werden auch gelehrt, dass diese Dinge immer einen Zeitrahmen haben. Nimm ein Schmerzmittel, es wirkt innerhalb von 30 Minuten und du fühlst dich besser. Lass dich operieren, die Heilungszeit beträgt 6 Wochen, und dann wird alles gut. Uns wird immer gesagt, wie viel Zeit etwas in Anspruch nimmt und wie linear der Verlauf sein wird. Du steigst ins Auto, gibst dein Ziel in Navi ein, und siehst auf die Minute genau wie lange es bis zu deinem Ziel dauern wird. Das ist so menschlich, und daran ist absolut nichts falsch. Wir möchten wissen, wann etwas Schwieriges vorbei sein wird.


Aber es wird niemals vorbei sein. Und das ist eine gute Nachricht. Es wird niemals vorbei sein, weil wir nicht hier sind, um ein Problem zu lösen. Du bist kein Problem, das gelöst werden muss. Du bist nicht kaputt. Du bist ein Mensch – ein komplexes, vielfältiges, wunderschönes Wesen, das fühlt, denkt und erlebt. Und genau das sollst du sein. Du sollst Liebe, Traurigkeit, Enttäuschung und Freude fühlen. Denn ohne diese Gegensätze würdest du das Gute nicht erkennen, oder? Diese Dichotomie ist notwendig.


Weil du dieses komplexe Wesen bist, das in einer Welt aufwächst, die ständig auf die Uhr schaut, ist das alles sehr verwirrend. Das Gehirn sucht nach Vertrautem und nach Dingen, die es vorhersagen kann. Es wird versuchen, jede Erfahrung vertraut zu machen. Wenn ein Schmerzmittel in 30 Minuten wirkt, dann denkt es, dass die Mind-Body-Arbeit genauso schnell wirken muss.


Doch die einzige Botschaft, die wir unserem Nervensystem senden müssen, ist die der Sicherheit. Dringlichkeit, symptomfrei werden zu müssen, ist nur Angst in einem anderen Gewand."


Wir sind es gewohnt, in klaren Zeitrahmen zu denken – eine Pille wirkt in 30 Minuten, eine Wunde heilt in einer Woche. Doch Genesung aus der Mind-Body-Perspektive funktioniert anders. Sie ist keine gerade Linie von Punkt A nach Punkt B. Sie ist ein individueller, nicht linearer Prozess, der von vielen Faktoren beeinflusst wird: deiner Persönlichkeit, deinen Kindheitserfahrungen, deinen Denk- und Verhaltensmustern, deinen Ängsten, deinen Bewältigungsstrategien – und auch davon, wie sehr du darauf vertraust, dass dein Körper heilen kann.


Der Wunsch, so schnell wie möglich symptomfrei zu werden, ist verständlich, aber diese Dringlichkeit kann die Symptome tatsächlich noch mehr anfeuern. Dein Nervensystem reagiert auf dieses Gefühl der Dringlichkeit mit Stress – und genau dieser Stress ist es, der den Heilungsprozess behindern kann.


Der Schlüssel liegt im Vertrauen


Vertrauen in deinen Körper, in deinen Weg und in den Prozess. Heilung ist keine Deadline, die du erfüllen musst, sondern ein persönlicher, einzigartiger Weg, auf dem du lernst, mit dir selbst in Verbindung zu treten und dich sicher zu fühlen – ganz unabhängig von äußeren Umständen.


Am Ende ist die wichtigste Frage nicht, wie lange es dauert, sondern was du auf dem Weg für dich mitnimmst. Denn dieser Prozess lehrt dich nicht nur, mit deinen Symptomen umzugehen, sondern auch, mit dir selbst liebevoller und mitfühlender zu sein. Das ist ein Geschenk, das weit über die Heilung deiner Symptome hinausgeht.


Vertraue dir, vertraue deinem Körper – und vertraue dem Prozess.


*Die Podcast-Folge kann ich wirklich wärmstens empfehlen. Falls deine Englischkenntnisse es erlauben, hier der Link zu der Curable Podcast-Folge auf Englisch auf Spotify.

Curable Podcast Nicole Sachs


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